Wirtschaft Russlands

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Russland: Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Gesamtwirtschaftliche Produktion 2004 erneut um rund 7 % gestiegen

2004 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 7,1 % auf rund 16.800 Mrd. Rubel (rund 460 Mrd. Euro, rund 580 Mrd. US-Dollar). Das Wachstum war kaum niedriger als 2003 (+ 7,3 %). Im dritten und vierten Quartal des Jahres 2004 schwächte sich der Anstieg der Produktion gegenüber dem Vorjahresquartal geringfügig ab. Im vierten Quartal fiel er auf 6,7 %.

Steigende Rohstoffpreise, insbesondere der im Jahresdurchschnitt um gut ein Viertel höhere Ölpreis (Preis für die Rohölsorte Urals 2004: 34,6 $/Barrel) begünstigten das kräftige Wachstum. Es basierte aber nicht nur auf dem steigenden Außenbeitrag, der wachsenden Differenz von Exporten und Importen. Auch die Inlandsnachfrage (Verbrauch und Investitionen) wuchsen kräftig.

2005 wird zumeist ein Rückgang der Wachstumsrate auf 5 ½ % bis 6 % erwartet. Dabei werden in der Regel ein etwas schwächeres Wachstum der Weltwirtschaft, eine langsamer steigende russische Ölproduktion und niedrigere Ölpreise als 2004 angenommen. Die Internationale Energieagentur, IEA, rechnet damit, dass die Ölförderung 2005 nur noch um 3,8 % zunehmen wird, knapp halb so stark wie 2004. Die Preise der russischen Rohölsorte Urals waren – entgegen den Erwartungen - im Zeitraum Januar bis Februar 2005 allerdings rund 40 % höher als vor einem Jahr.

Das russische Wirtschaftsministerium geht in seiner Anfang April vom russischen Kabinett beschlossenen Projektion für die Entwicklung der russischen Wirtschaft bis 2008 in einem sogenannten Basis-Szenario daher jetzt von einem Anstieg des Ölpreises auf 39 $/Barrel in 2005 aus. Dabei rechnet es mit einem Wirtschaftswachstum von 6,5 %. Für 2006 erwartet es bei einem Ölpreis von 34 $/Barrel ein Wachstum von 5,9 %. 2007 und 2008 soll das Wachstum bei 6,1 % bis 6,2 % liegen.

Eine Verdoppelung des realen Bruttoinlandsprodukts innerhalb von 10 Jahren, wie sie von der russischen Regierung angestrebt wird, würde aber eine jährliche Wachstumsrate von 7,2 % erfordern. Wirtschaftsminister German Gref hat wiederholt erklärt, bei der derzeitigen Branchenstruktur sei nur ein Wachstum von 5 % bis 6 % zu erreichen. Die Brennstoff- und Energieproduktion, die Metallurgie- und die Agrarwirtschaft könnten nicht schneller als um jährlich rd. 5 % wachsen, weil es Infrastrukturprobleme gebe oder es an Ressourcen mangele.

Wachstum der Industrieproduktion läßt nach

Die vom staatlichen Statistikamt Rosstat Anfang 2005 revidierte Berechnung der Entwicklung der Industrieproduktion umfasst jetzt auch die Erzeugung von Gas, Strom und Wasser. 2004 schwächte sich der neuen Methode zufolge die Zunahme der Industrieproduktion im Vorjahresvergleich auf 7,3 % ab (2003: + 8,9 %). 2005 wird ein weiterer Rückgang des Wachstumstempos erwartet.

Branchenergebnisse liegen bisher nur nach der alten Berechnungsmethode vor. Überdurchschnittlich starke Zuwächse verzeichneten danach 2004 die Branchen Glas/Keramik (+ 16,3 %) und Maschinenbau (+ 11,7 %). Die Produktion von Brennstoffen nahm um insgesamt 7,1 % zu (Erdöl und Gaskondensat: + 8,9 % auf 459 Mio t; Erdgas: + 1,9 % auf 632 Mrd m³; Kohle: + 1,3 %).

Im Januar/Februar 2005 übertraf die Industrieproduktion ihr Vorjahresniveau nur noch um 3,9 %. Die Ölproduktion war in den ersten drei Monaten 3,5 % höher, die Gasproduktion 2,7 %.

Anlageinvestitionen steigen weiterhin stärker als die Produktion, wachsen 2005 aber auch schwächer als 2004

Nach einem starken Zuwachs in 2003 (+ 12,5 %) schwächte sich die Investitionsentwicklung 2004 etwas ab. Vorläufigen Angaben zufolge nahmen die Anlageinvestitionen 2004 gegenüber dem Vorjahr real um 10,9 % zu. Für 2005 wird eine weitere Abnahme der Wachstumsrate der Investitionen erwartet.

Überdurchschnittlich stark ausgeweitet wurden 2004 die Investitionen in den Branchen Eisen- und Stahlindustrie (+ 102 %), Telekommunikation (+ 83 %), Chemie und Erdölchemie (+ 14 %) und Elektrizitätswirtschaft (+ 13 %).

Die Brennstoffindustrie verringerte hingegen ihre Investitionen im Vorjahresvergleich um insgesamt 9,5 %. Dabei sanken die Investitionen in der Ölförderung um rd. 22 % während sie in der Ölverarbeitung um rd. 16 % erhöht wurden. Die Abschwächung der Investitionen in der Ölindustrie wird vom Moskauer „Zentrum für Wirtschaftentwicklung“ als besonders bedenklich bewertet.. Besorgniserregend sei aber auch die Entwicklung der Investitionen in Industriezweigen, die auf den Binnenmarkt orientiert sind, insbesondere in der Nahrungsmittelindustrie.

Die Gründe für die sinkenden Investitionen in der Ölindustrie liegen nach Meinung des Moskauer Forschungsinstituts in der unerwartet stark gestiegenen Steuer- und Abgabenbelastung der Ölindustrie und dem Vorgehen der Regierung gegen die Ölgesellschaft Jukos, die zur Begleichung von staatlichen Steuernachforderungen zum Verkauf ihrer größten Produktionsgesellschaft gezwungen wurde.

Als weitere Ursachen der Verringerung der Wachstumsrate der Investitionen nennt das Moskauer Institut vor allem die noch schwachen Banken und den wenig entwickelten Kapitalmarkt. Ungeachtet der sinkenden Zinsen blieben Bankenkredite für Unternehmen sehr teuer. Infolge der Mitte 2004 aufgetretenen Probleme im Bankensektor sei auch die Kreditvergabe zurückgegangen. Zu einer zunehmenden Belastung werde auch der scharfe Anstieg der industriellen Erzeugerpreise.

Im Zeitraum Januar/Februar 2005 waren die Investitionen nur noch 7,4 % höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Vor einem Jahr waren sie noch fast doppelt so stark gestiegen.

Einkommen und privater Verbrauch nehmen rasch weiter zu

Das real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte erhöhte sich 2004 im Vorjahresvergleich um 7,8 % (2003: + 13,7 %). Der reale private Verbrauch stieg um gut 11 % (2003: + 7,5 %). Unterhalb der offiziellen Armutsgrenze lebten 2004 rund 25,5 Millionen Personen (rund 18 % der Bevölkerung). Das waren fast 4 Millionen weniger als 2003. Bis 2007 soll der Anteil auf 10,5 bis 12 % gesenkt werden.

Der Umsatz auf dem russischen Konsumgütermarkt hat sich innerhalb von nur fünf Jahren mehr als verdoppelt - von rund 90 Mrd. $ im Jahr 1999 auf rund 205 Mrd. Dollar im Jahr 2004. Die jährliche Wachstumsrate lag bei rund 15 %.

Für großen Unmut sorgte Anfang 2005 aber eine Sozialreform, die für zahlreiche Bevölkerungsgruppen den Wegfall verschiedener Vergünstigungen bedeutete, z.B. von Preisnachlässen bei Mieten oder bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Anstelle der bisherigen unentgeltlichen Leistungen sollten zwar entsprechende Geldzahlungen erfolgen. Bei dieser „Monetarisierung“ gab es jedoch erhebliche Umstellungsschwierigkeiten. Wochenlange öffentliche Proteste der Betroffenen waren die Folge. Die Popularität Präsident Putins ist deutlich gesunken.

Geld- und Wechselkurspolitik im Zielkonflikt

Die von der russischen Geld- und Wechselkurspolitik verfolgten Ziele, zum einen die immer noch zweistellige Inflation zu drücken und gleichzeitig die reale Aufwertung des Rubel zu bremsen, sind schwer miteinander zu vereinbaren. Versucht sie, die Aufwertung des Rubel durch den Aufkauf von ausländischen Währungen zu dämpfen, um so eine allzu rasche Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit russischer Unternehmen auf dem Weltmarkt zu vermeiden, steigt die Geldmenge und damit das Inflationspotential.

Inflation am Jahresende 2004 mit 11,7 % kaum niedriger als Ende 2003

2004 wollte die Regierung die Inflationsrate bis zum Jahresende auf höchstens 10 % drücken. Dieses Ziel wurde mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 11,7 % beim Vergleich der Jahresendstände deutlich verfehlt. Überdurchschnittlich stark stiegen die Nahrungsmittel- und die Benzinpreise.

Der Internationale Währungsfonds, IWF, fordert von der Zentralbank, sich entschiedener um eine Senkung der Inflation zu bemühen. Die „Kerninflationsrate“ stagniere in den letzten 2 Jahren bei 10 bis 11 %. Im Interesse des Stabilitätszieles solle Russland notfalls auf den Ankauf ausländischer Währungen zur Begrenzung der Aufwertung des Rubel verzichten.

2005 will die russische Regierung die Inflationsrate weiterhin auf höchstens 8,5 % am Jahresende drücken. Analysten rechnen aber im Gegenteil zumeist damit, dass der Verbraucherpreisanstieg kaum niedriger sein wird als 2004. Sie erwarten, dass sich der starke Anstieg der Erzeugerpreise, die Ende 2004 ihren Vorjahresstand um 28,8 % übertrafen, in diesem Jahr auf der Verbraucherstufe auswirken wird. Preistreiber auf der Produzentenebene waren 2004 insbesondere Erhöhungen der Tarife der Strom- und Gaswirtschaft sowie der Eisenbahnen, aber auch der Anstieg der Weltmarktpreise von Öl und Stahl. Wirtschaftsminister Gref räumte ein, dass der Verbraucherpreisanstieg 2005 bei einer ungünstigen Entwicklung 10 % erreichen könne.

Allein in den ersten drei Monaten 2005 sind die Verbraucherpreise bereits um insgesamt 5,3 % gestiegen. Im März waren sie 13,3 % höher als vor einem Jahr.

Ausfuhren noch kräftiger als Einfuhren gewachsen

2004 stiegen die Warenausfuhren nach Angaben der Zentralbank um gut ein Drittel auf rd. 183 Mrd. $. Die Wareneinfuhren nahmen weniger stark um rund ein Viertel auf rd. 96 Mrd. $ zu. Der Handelsbilanzüberschuss wuchs um fast die Hälfte auf rd. 87 Mrd. $ (rd. 15 % des BIP). Steigende Preise für den Export von Energie und Rohstoffen waren die wichtigsten Gründe für das kräftige Wachstum der Ausfuhren. Die exportierten Mengen stiegen aber auch. Die Importe wurden vom anhaltende starken Wachstum beim privaten Verbrauch und den Investitionen getragen.

Im Januar/Februar 2005 setzten sich diese Trends bei rund 40 % höheren Ölpreisen fort (Exporte: + 33 %; Importe: + 22 %).

Russlands Anteil am gesamten Welthandel ist trotz des kräftigen Wachstums der Ausfuhren vergleichsweise gering geblieben. Der Anteil der russischen Exporte an den weltweiten Exporten erreichte 2004 knapp 2 % (deutscher Anteil: rd. 10 %).

Exportstruktur stark rohstofflastig

In der Warenstruktur der russischen Exporte nehmen unverändert Energieträger ( insbesondere Öl, Ölprodukte, Erdgas) eine herausragende Stellung ein, gefolgt von Metallen und Metallprodukten sowie Holz. Der Export von Energieträgern und Elektrizität hatte nach Angaben der russischen Zollbehörde am Gesamtvolumen der russischen Ausfuhren über die Grenzen der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, GUS, hinaus 2004 einen Anteil von erneut rund 58 %.

Bei den Importen Russlands dominieren Maschinen, Ausrüstungen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel und chemische Produkte. Insbesondere der rasch wachsende Rohstoffsektor bietet Herstellern von Maschinen und Anlagen hervorragende Geschäftschancen. Die gestiegene Kaufkraft sorgt darüber hinaus für einen großen Bedarf an Konsumgütern aller Art.

Wichtigster Handelspartner: Deutschland

Wichtigster Handelspartner Russlands ist Deutschland. Deutschlands Anteil am gesamten russischen Außenhandelsumsatz (Einfuhren + Ausfuhren) betrug 2004 9,3 %.

Mit einem Anteil von 14 % an den gesamten russischen Einfuhren war Deutschland 2004 mit Abstand größtes Lieferland für Russland (vor Belarus: 8,6 %, Ukraine: 8,1 %; China: 6,3 %; Japan: 5,2 %).

Nach Deutschland gingen 7,3 % der russischen Ausfuhren. Deutschland war damit zweitgrößtes Abnehmerland (nach den Niederlanden: 8,4 %; vor Italien: 6,7 %, Belarus: 6,1 %, Ukraine: 5,9 %). Die russische Ausfuhr erhält aber auch starke Impulse durch die anhaltend hohe Nachfrage aus den übrigen GUS-Staaten, deren gesamtwirtschaftliche Produktion 2004 im dritten Jahr in Folge noch stärker wuchs als die russische Wirtschaft (Ausfuhranteil von Belarus: 6,1 %, Ukraine: 5,9 %).

Der Struktur des Warenhandels zwischen Deutschland und Russland ist durch die Lieferung von deutschen Enderzeugnissen nach Russland und die Lieferung von Energieträgern aus Russland nach Deutschland geprägt.

Die deutschen Warenexporte nach Russland stiegen 2004 der deutschen Außenhandelsstatistik zufolge auf 15,0 Mrd. Euro (2003: 12,1 Mrd. Euro). Deutsche Lieferanten aus nahezu allen Branchen verzeichneten kräftige Absatzsteigerungen auf dem russischen Markt. Hintergrund dafür waren die rasch wachsende Konsum- und Investitionsnachfrage in Russland und die reale Aufwertung des Rubel gegenüber dem Euro, die die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Lieferanten verbesserte. Gut vier Fünftel der deutschen Lieferungen nach Russland waren Enderzeugnisse, insbesondere Maschinen (rund ein Viertel der deutschen Lieferungen), elektrotechnische Erzeugnisse, Fahrzeuge und chemische Produkte.

Die deutschen Warenimporte, die zu rund drei Vierteln aus Energieträgern (Erdgas-, Erdöl und Mineralölprodukte) bestehen, blieben dennoch etwas höher. Ihr Wert stieg auf 16,2 Mrd. Euro (2003: 14,2 Mrd. Euro).

Das deutsche Defizit im Handel mit Russland verminderte sich auf 1,2 Mrd. Euro (2003: - 2,1 Mrd. Euro). 2001 hatte es noch gut 4 Mrd. Euro betragen. Seither – also in nur 3 Jahren – konnten die deutschen Exporte um knapp die Hälfte gesteigert werden, während die Importe aus Russland 2004 nur rund ein Zehntel höher waren als 2001.

Leistungsbilanzüberschuss um gut zwei Drittel gestiegen

Der Überschuss in der russischen Leistungsbilanz, die neben dem Warenhandel auch den Handel mit Dienstleistungen und den Austausch unentgeltlicher Leistungen umfasst, stieg 2004 nach Angaben der russischen Zentralbank um gut zwei Drittel auf rd. 60 Mrd. $. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in Dollar, das um rd. ein Drittel stieg, nahm er auf rd. 10 % zu.

2005 wird aber zumeist ein Rückgang des Überschusses in der Leistungsbilanz erwartet. Die Ölexportmengen dürften weniger stark steigen als bisher, die Ölpreise dürften den Erwartungen vieler Beobachter zufolge eher sinken. Demgegenüber dürfte die anhaltend stark steigende Inlandsnachfrage die Importe weiterhin kräftig wachsen lassen.

Rubel wertet weiter real auf, Zentralbank bremste Aufwertung

2004 setzte der Rubel seine 1999 begonnene reale Aufwertung fort. Der Anstieg des Leistungsbilanzüberschusses erhöhte die Nachfrage nach Rubel. Der Wettbewerbsvorteil durch die starke reale Abwertung in der Finanzkrise 1998 wurde weiter aufgezehrt. Ende 2004 ergab sich im Vergleich zum Vorjahresende gegenüber dem Dollar erneut eine sehr deutliche reale Aufwertung (+ 13,5 %), während sich der Kurs gegenüber dem Euro nur um 6,6 % erhöhte. Gegenüber einem Korb der Währungen der wichtigsten Handelspartner stieg der effektive reale Wechselkurs, die „real effective exchange rate“ (REER), des Rubel im Jahresdurchschnitt 2004 um 6,1 % und im Jahresverlauf 2004 um 4,9 %.

Die Zentralbank hat ihr Ziel, die reale Aufwertung gegenüber dem Währungskorb im Jahresverlauf 2004 auf höchstens rd. 7 % zu begrenzen, einhalten können - allerdings nur durch umfangreiche Interventionen mit Ankäufen ausländischer Währungen. Sie führen zu einer Erhöhung der Geldmenge und erhöhen so das Inflationspotential.

Ein Rückblick auf die Entwicklung in den letzten 3 Jahren zeigt die sehr unterschiedliche Entwicklung des realen Rubelkurses gegenüber Dollar, Währungskorb und Euro. Gegenüber dem Dollar ist der reale Wechselkurs des Rubel von Januar 2002 bis Ende 2004 um gut 40 % gestiegen. Gegenüber dem Korb der Währungen der wichtigsten Handelspartner ergab sich real eine schwache Aufwertung, gegenüber dem Euro real eine schwache Abwertung.

Im Zeitraum Januar/Februar 2005 hat sich die reale Aufwertung gegenüber dem Währungskorb im Vorjahresvergleich auf 7,2 % beschleunigt.

Ausländische Investitionen rasch gestiegen – allerdings von niedrigem Niveau

Die russische Statistikbehörde Rosstat ermittelt vierteljährlich Daten über die Russland zugeflossenen Investitionen und wie sich der Bestand der seit 1990 zugeflossenen Investitionen verändert hat. Ergebnisse dieser Rosstat-Statistik sind im folgenden aufgeführt. Diese Ergebnisse weichen allerdings zum Teil erheblich von Angaben in der russischen Zahlungsbilanz, die von der russischen Zentralbank veröffentlicht werden, und von Angaben internationaler Organisationen wie der UNCTAD ab. Der Zufluss aller ausländischer Investitionen (Direktinvestitionen, Portfolio-Investitionen, sonstige Investitionen) wuchs 2004 nach Angaben des russischen Statistikamtes Rosstat um rd. 36 % auf rd. 41 Mrd. $. Im Vorjahr war er noch stärker um rd. 50 % gestiegen.

Aus Deutschland kamen 2004 nur noch 4 % aller zugeflossenen Investitionen. Deutschland belegte mit rd. 1,7 Mrd. $ nur noch die 7. Stelle der Investitionsherkunftsländer. Die meisten Investitionen kamen aus Luxemburg (rd. 21 %), Großbritannien (rd. 17 %) und Zypern (rd. 14 %). 2003 war Deutschland mit 14,5 % aller zugeflossenen Investitionen noch zweitgrößtes Investitionsland gewesen.

Der Zufluss der ausländischen Direktinvestitionen stieg 2004 um rd. 39 % auf rd. 9,4 Mrd. $. 2003 war er fast doppelt so schnell gewachsen. Die Direktinvestitionen machten 2004 – wie im Vorjahr - nur knapp ein Viertel aller zugeflossenen ausländischen Investitionen aus. Im Vergleich mit anderen Transformationsländern sind die Direktinvestitionen in Russland immer noch sehr gering.

Der Wert des Bestandes der seit 1990 akkumulierten ausländischen Investitionen stieg Ende 2004 auf insgesamt rd. 82 Mrd. $. Davon waren rund 44 % Direktinvestitionen.

Der Bestandswert der aus Deutschland akkumulierten Investitionen sank Ende 2004 auf 9,3 Mrd. $. Deutschlands Anteil an den akkumulierten ausländischen Investitionen verringerte sich von 17,9 % (Ende 2003) auf 11,4 % (Ende 2004). Deutschland hatte nicht mehr – wie Ende 2003 - den höchsten Anteil aller Länder. Es lag hinter Zypern (16,8 %), den Niederlanden (14,6 %) und Luxemburg (14,5 %) nur noch auf Platz 4.

Auch bei den akkumulierten Direktinvestitionen in Russland belegte Deutschland nur Platz 4. Die akkumulierten deutschen Direktinvestitionen waren Ende 2004 mit 2,55 Mrd. $ weiterhin deutlich niedriger als die Direktinvestitionen Zyperns (10,1 Mrd. $), der Niederlande (8,8 Mrd. $) und der USA (4,3 Mrd. $).

Während die Investitionen Zyperns, der Niederlande und der USA in Russland weit überwiegend aus Direktinvestitionen bestehen, stellen die deutschen Direktinvestitionen an den akkumulierten deutschen Investitionen in Russland nur rund ein Viertel.

Bemerkenswert ist, wie hoch der Anteil kleiner Staaten wie insbesondere Zyperns, aber auch Luxemburgs, an den Investitionen in Russland ist. Hintergrund dafür ist, dass in diese „Steueroasen“ in erheblichem Maße Kapital aus Russland abgeflossen ist. Insbesondere in Zypern gibt es sehr viele Unternehmen, die russischen Eigentümern gehören. Bei den Investitionen aus Zypern in Russland handelt es sich also weitgehend um sogenanntes „Fluchtkapital“, dass nach Russland zurückfließt.

Netto-Kapitalabfluss 2004 auf 9,4 Mrd. $ verfünffacht

2003 hatte sich der Netto-Kapitalabfluss aus Russland auf knapp 2 Mrd. $ verringert. In den ersten drei Quartalen 2004 ergab sich allerdings ein Anstieg Netto-Kapitalabflusses auf insgesamt rd. 17 ½ Mrd. $. Dank eines Zuflusses von rd. 8 Mrd. $ im letzten Quartal schloss das Gesamtjahr 2004 aber mit einem Netto-Kapitalabfluss von 9,4 Mrd. $. Der Kapitalabfluss hat sich damit gegenüber dem Vorjahr zwar verfünffacht. Er betrug 2004 aber nur 1,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Das war deutlich weniger als zum Beispiel 2000 (rd. 10 % des BIP). Ursachen für den Kapitalabfluss dürfte nach Einschätzung vieler Beobachter neben der internationalen Zins- und Wechselkursentwicklung, die eine Anlage von Kapital im Ausland attraktiv erscheinen ließ, auch eine gewisse Verunsicherung der Anleger wegen des Vorgehens der Regierung gegen den Jukos-Konzern und der Schließung einiger Banken gewesen sein. Zum Teil dürfte es sich also um „Fluchtkapital“ handeln. Der Kapitalabfluss wird aber auch zunehmend durch Direktinvestitionen russischer Unternehmen in ausländische Unternehmen beeinflusst.

Haushaltspolitik: Budgetüberschuss 2004 über 4 % - viel höher als geplant

2004 stieg der föderale Haushaltsüberschuss auf 4,4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ursprünglich war nur ein Überschuss von 0,5 % des BIP geplant gewesen. Für 2005 erwartet das Wirtschaftsministerium bei einem Anstieg des Ölpreises auf 39$/Barrel im Jahresdurchschnitt 2005 einen noch etwas höheren Überschuss (4,9 % des BIP).

Im Haushaltsentwurf 2005 ist aber lediglich ein Überschuss von 1,5 % des BIP vorgesehen (bei einem Ölpreis von 28 $/Barrel und einem durchschnittlichen Kurs des Dollars von 30 Rubel). Trotz des Überschusses meinte der IWF zu diesem Entwurf, der Haushalt 2005 bedeute eine weitere Lockerung der Fiskalpolitik, die eine Stabilisierung der Preise erschwere. Außerdem werde der Ersatz sozialpolitischer Sachleistungen durch Geldleistungen zu zusätzlichen Ausgaben führen.

„Stabilisierungsfonds“ auf 769 Mrd. Rubel gestiegen

Zur Vorsorge für einen Ölpreisverfall wurde Anfang 2004 ein „Stabilisierungsfonds“ errichtet. Grundidee des Fonds ist, dass die Ausgaben der russischen Regierung einem Ölpreis von 20 $ entsprechen sollen. Einnahmen, die aufgrund eines höheren Ölpreises dem Staat zufließen, sollen in den Fonds eingestellt werden. Sinkt der Ölpreis unter 20 $, sollen die staatlichen Ausgaben durch die Entnahme von Mitteln aus dem Fonds stabilisiert werden. Die Finanzierung des Fonds soll außerdem aus künftigen Haushaltsüberschüssen erfolgen.

Am Jahresanfang 2005 umfasste der Fonds rd. 522 Mrd. Rubel (rd. 19 Mrd. $), bis zum 01.04.2005 war sein Bestand auf 769 Mrd. Rubel (rd. 28 Mrd. $) gewachsen. Damit ist der gesetzlich notwendige Mindestbestand von 500 Mrd. Rubel, ab dem Mittel aus dem Fonds für allgemeine Haushaltsausgaben entnommen werden dürfen, überschritten.

500 Mrd. Rubel (rd. 18 Mrd. $) entsprechen aber voraussichtlich nur knapp 3 % des diesjährigen russischen Bruttoinlandsprodukts. Die OECD und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) fordern einen höheren Mindestbestand.

Bis zum 01.01.2006 wird sich der Bestand des Fonds Einschätzungen der russischen Regierung zufolge auf rd. 1.500 bis 1.600 Mrd. Rubel verdoppeln.

Verwendung des Fonds umstritten

Sehr umstritten ist, wofür die Mittel des Stabilisierungsfonds verwendet werden sollen. Einen Teil will die Regierung zur Rückzahlung staatlicher Schulden verwenden, was die Zustimmung von IWF, Weltbank und OECD findet. Ende Januar wurden bereits rd. 94 Mrd. Rubel zur vorfristigen Tilgung von Schulden gegenüber dem IWF entnommen. Rund 75 Mrd. Rubel des „Überschusses“ im Stabilisierungsfonds sollen aber außerdem für Sozialleistungen ausgegeben werden (Deckung des Defizits im staatlichen Pensionsfonds; Ersatz kostenloser staatlicher Sachleistungen, z.B. Freifahrten im Nahverkehr, durch Geldleistungen).

Die OECD sieht darin eine „gefährliche Lockerung“ der russischen Fiskalpolitik. Sie schwenke auf einen „klar pro-zyklischen“ Kurs, nachdem sie in den letzten 5 Jahren „mit beispielhafter fiskalischer Disziplin“ einen beträchtlichen Teil der Öleinnahmen zur Rückzahlung von Schulden und zur Sammlung von Reserven eingesetzt habe. Auch IWF, Weltbank und Ex-Wirtschaftsminister Jassin kritisieren die geplante Verwendung von „windfall revenues“ für Sozialleistungen. Auf ähnliche Bedenken trifft der Beschluss der Regierung den Schwellenwert für die Einstellung staatlicher Einnahmen in den Stabilitätsfonds ab 2006 auf 27 $ anzuheben, um künftig mehr Einnahmen dem staatlichen Haushalt zufließen zu lassen.

Öffentliche Auslandsschulden stetig verringert, Währungsreserven steigen weiter

Der russische Staat ist in den letzten Jahren seinen internationalen Schuldenverpflichtungen vollständig nachgekommen und hat den Bestand seiner Auslandsschulden deutlich verringert. Andererseits haben russische Unternehmen verstärkt Anleihen auf den internationalen Kapitalmärkten aufgenommen. Dies liegt u.a. an den nach wie vor verhältnismäßig hohen Finanzierungskosten bei russischen Banken.

Anlässlich der deutsch-russischen Regierungskonsultationen Ende Dezember 2004 hat Russland die vorzeitige Rückzahlung von Schulden gegenüber Deutschland in Höhe von 3,6 Mrd. Euro im Jahr 2005 angeboten. Über die Einzelheiten wird im „Pariser Club“, dem Zusammenschluss der öffentlichen Gläubiger Russlands, verhandelt.

Die öffentlichen Auslandsschulden Russlands sanken bis Ende 2004 weiter auf 110,5 Mrd. $ (rd. 19 % des BIP). Angesichts der reichlich vorhandenen Währungsreserven macht die Finanzierung des Schuldendienstes keine Schwierigkeiten. 2004 sind die Währungsreserven um rd. 48 Mrd. $ auf 124,5 Mrd. $ am Jahresende gestiegen (Stand am 01.04.2005: 137,4 Mrd. $). Über höhere Währungsreserven verfügen nur Japan, China, Taiwan, Südkorea und Singapur.

Da die russischen Währungsreserven inzwischen höher sind als die staatliche Auslandsverschuldung ist Russland jetzt Netto-Gläubiger gegenüber dem Ausland.

Ratings für Russlands langfristige Schulden in Fremdwährungen verbessert

Von den drei führenden Rating-Agenturen haben die Agentur Moody´s im Oktober 2003 und die Agentur Fitch im November 2004 bei ihrer Bewertung der Qualität Russlands als Schuldner dem russischen Staat für seine langfristige Kreditaufnahme in ausländischer Währung den niedrigsten sogenannten „Investment Grade“ zuerkannt. Ende Januar 2005 tat dies auch die Agentur Standard & Poor´s.

Viele institutionelle Investoren dürfen aufgrund ihrer Anlagerichtlinien nur Anleihen mit einem „Investment Grade“ kaufen. Nachdem Russland jetzt von allen drei führenden Rating-Agenturen als „solider Schuldner“ eingestuft ist, wird eine zusätzliche Nachfrage nach russischen Staatsanleihen erwartet. Der russische Staat kann damit rechnen, künftig niedrigere Zinsen für seine Kredite zahlen zu müssen.

Zur Begründung der Rating-Anhebung verwies S&P u.a. darauf, dass die russischen Währungsreserven inzwischen die öffentlichen Fremdwährungsschulden übertreffen. Dies überwiege die „ernsten und wachsenden politischen Risiken“.